Eines unserer Ziele im nördlichen Kolumbien war von Anfang an Mompox, eine alte Stadt aus der Kolonialzeit am Rio Magdalena. Um dieses Ziel zu erreichen ist ein „Umweg“ über Guamal geplant, eine Gemeinde ca. 40 km weiter südöstlich von Mompox, da in diesem Ort Verwandtschaft von Pilar wohnt und wir dort unterkommen können. Wie immer war geplant früh loszufahren, wie immer sind wir dann im Laufe des Vormittags losgekommen.

 

Was für eine Fahrt!

 

Acht Stunden Autofahrt auf schlechten Straßen mit einer Fahrerin, die weder das Auto beherrscht, noch in irgendeiner Form Einsicht zeigt, dass dem so wäre.

 

 

Dazu muss man vielleicht erwähnen, dass Autofahren in Kolumbien nichts mit der gleichen Tätigkeit in Europa gemein hat. Möglicherweise gibt es Verkehrsregeln, aber selbst wenn dem so sein sollte, weiß es entweder niemand oder es interessiert keinen. Will sagen, jeder kämpft ums eigene Überleben auf der Straße (inklusive all dieser Hunde natürlich, die ständig die Verkehrswege kreuzen), nur beherrschen die Einen diesen Kampf besser, als die Anderen.

 

 

Bettina und ich sterben einige Tode auf dem Rücksitz und haben abends fast schon blaue Flecken an den Unterarmen vom vielen Händehalten und -drücken durch den lebensgefährdenden Fahrstil dieser Frau. Alle paar Stunden konnte Ulrike mal das Steuer übernehmen und wir konnten uns ein wenig erholen, aber Pilar hat sich den Platz hinterm Lenkrad immer wieder zurückerobert.

 

 

Als wir in Guamal ankommen ist es dunkel. Mit der magischen Frage: „La Bomba de Gabriel“? fragen wir uns durch zu Pilars Cousin, der Tankstellenbesitzer im Ort ist.

Wir finden die Tankstelle, wir treffen Gabriel und dann geht’s los!

 

 

Ein Riesen-Hallo! Man stellt sich vor, man küsst sich, man umarmt sich, man freut sich. Nach und nach kommt die ganze Familie zusammen, rund um die Zapfsäulen werden Stühle aufgestellt, Bier wird ausgegeben, ein Riesenpalaver beginnt, da auch Pilar die Verwandtschaft wohl lange nicht gesehen hat.

 

 

Bettina und ich sind erstmal wie erschlagen, zumal wir kein Wort von dem verstehen, was um uns herum geredet wird. Wir schauen uns vorsichtig um und sind erstmal etwas skeptisch, wie wir hier wohl die Nacht verbringen werden. Hinter uns gibt es eine Reihe von Motel -Zimmern für die Lastwagenfahrer, die Lebendvieh transportieren und hier Rast einlegen und ein paar Stunden schlafen. (Die Transporter mit den Todgeweihten stehen auch um uns herum, zum Glück schreit das Vieh nicht).

 

 

Das alles geht eine ganze Weile so weiter, bis der erste Kasten Bier geleert ist und alle akuten Neuigkeiten ausgetauscht sind.

 

 

Dann werden wir in ein Restaurant eingeladen, offensichtlich das Beste vor Ort. Dort geht das Ganze dann weiter. Wir sind tatsächlich eingeladen, wir können uns nicht dagegen wehren, es gibt Essen und Bier ad libidum.

 

 

Die ganze Familie ist entzückt, dass sie Europäer bei sich aufgenommen haben und es kommen Leute vorbei, um uns zu bestaunen und um Gabriel und seine Frau Yvón dafür zu beglückwünschen.

Yvón hat besonders an Bettina einen Narren gefressen! Schon während des Essens lächelt sie Bettina dauernd verzückt an und beginnt damit, sie zu beschenken. Es fängt mit einem Fingerring an (den Bettina dann überflüssigerweise noch im Restaurant verliert und dessen Suche an die zwanzig Leute auf die Knie zwingt und am Boden rumkriechen lässt…zum Glück wurde er wieder gefunden!) und geht dann auch am nächsten Tag so weiter.

 

 

Zurück an der Tankstelle hat sich unsere begründete Befürchtung, dass wir in einem dieser heruntergekommenen Motelzimmer übernachten müssten, in einen erleichternden Glücksmoment aufgelöst: in einem großen schönen Innenhof des Tankstellengrundstückes gab es eine neugebaute Anlage mit nagelneuen Zimmern. Jede von uns bekommt ein Einzelzimmer mit Klimaanlage und Badezimmer en suite!

 

Hallelujah!