Heute morgen war ich die Letzte (habe so wunderbar geschlafen…) und als ich zum Frühstückstisch komme muss ich wirklich lachen. Die Mädels sind angezogen wie für eine Großwildsafari, fehlt nur der Tropenhut! Aber es ist in der Tat eine Expedition angesagt, nämlich zu den Faultieren in Peru, auf die Isla Cacao.

 

 

Cristian wartet schon am Steg als wir soweit sind. Wir überqueren den Fluss und landen am anderen Ufer an. 

 

 

Cristian übergibt uns einem kleinen zahnlosen Indio namens Genís, der auch spanisch spricht und uns dementsprechend viel erklären kann. Wir erhalten eine Grundunterweisung – kein Insektenspray im Wald, keine lauten Unterhaltungen im Wald, nicht von der Gruppe entfernen und was weiß ich noch alles – und wir ziehen los.

 

Der Mann entstammt einem kleinen indigenen Dorf, jetzt etwas weiter vom Fluss entfernt, was vor einigen Jahren vom Amazonas komplett weggespült und vernichtet wurde. Dieser Fluss bahnt sich wohl im Laufe der Zeit immer neue Läufe und nimmt einfach mit, was ihm im Wege ist. Um der Siedlung eine Chance zu geben, hat die Regierung Projekte ins Leben gerufen, die es der indigenen Bevölkerung ermöglichen zu überleben, ohne die heimische Flora und Fauna zu zerstören. Unter anderem sind Wildtierreservate entstanden. Die Menschen sollen sich von der Jagd auf- und dem Handel mit- Wildtieren weg und hin zur Hege der Fauna entwickeln. Um diese Projekte attraktiv zu gestalten, sollen die Indios ihre Kenntnisse des Regenwaldes nutzen, um Besuchern (uns zum Beispiel) die heimische Flora und Fauna und nicht zuletzt die Lebensweise der hiesigen indigenen Bevölkerung nahe zu bringen. Die Vermarktung ist sehr diskret, wir haben nichts bezahlt für diesen Ausflug, das wurde alles über Carlos und die entsprechenden Stellen abgewickelt. Der Profit aus diesem Projekt fließt ausschließlich in die gemeinsame Dorfkasse und hilft somit – nebst Kleinstlandwirtschaft und Viehhaltung zur Eigenversorgung – mit, die Existenzgrundlage der Gemeinschaft zu bilden.

 Aus dem Tierjäger wird ein Tierheger

Tolle Sache, finden wir und folgen eifrig allen Anweisungen unseres Führers.

Es beginnt ein abenteuerlicher Gänsemarsch durch knöchel- bis knietiefen Schlamm, mit Stock als Stützhilfe und Genís mit Machete an der Spitze.

 

Wir kommen durch dichten Urwald an einen sagenhaften Lotusblütensee, an dem wir verweilen und dieses Wunder der Natur auf uns wirken lassen. 

 

 

Irgendwann kommen wir zu den Bäumen, in denen die Faultiere leben. Wir sind sehr leise, Ulrike hat die Kamera gezückt und Genís umrundet mit Argusaugen einzelne Bäume. Irgendwann winkt er uns herbei und nach und nach, nachdem sich unser Blick an das adaptiert hat, was wir sehen sollen, erkennen wir die Faultiere. Dreizehenfaultiere, die hier, durch die Indígenas geschützt, leben und sich vermehren.

 

 

Es ist still, nur die Regenwaldgeräusche sind zu hören und wir beobachten die Gemächlichkeit und das vollkommene Desinteresse dieser Tiere an uns. Wenn man die Langsamkeit des Seins sucht, ist man an dieser Stelle aufgehoben.

 

 

Unser Führer ist sehr stolz auf seinen Wald, sehr geduldig uns gegenüber und erklärt uns Vieles. Zwischendurch gibt’s ein Papaya-Picknick, und wir treffen Bébé, ein „halbzahmes“ Wasserschwein, das unseren Weg kreuzt (es wurde als Jungtier gefunden und nicht gegessen, sondern aufgezogen und bewegt sich jetzt rund um die Siedlung). Bébé lässt sich (nach gutem Zureden von Genís) sogar anfassen!

 

 

An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass unsere Freundin Bettina ein leidenschaftlicher Meerschweinchenfan ist, viele Jahre Meerschweinchen gezüchtet hat und beim Anblick dieses Riesenmeerschweinchens augenblicklich in Verzückung fällt.

 

Sie ist fortan im Glück, dieses Erlebnis in ihrem Leben verzeichnen zu dürfen und schwebt hernach in einer rosaroten Wolke des inneren Friedens durch den Dschungel Amazoniens in Richtung Mittagessen.

 

 

Welches im Dorf für uns zubereitet wird.

Wir warten den Regen in einer Hütte ab. Als das Essen fertig ist holt man uns ab und wir bekommen dann den hier üblichen, in Bananen (oder anderen) Blättern geschmorten Fisch mit Gemüse und Yucca serviert. Es schmeckt sehr gut, wir sind satt und glücklich.

 

 

Der Weg zurück zum Boot ist einfacher und kürzer und Cristian bringt uns wieder sicher über den großen Fluss zurück nach Kolumbien und nach Hause.