Biopark Los Ocarros

 

Héctor ist auch Tierarzt und als Tierarztpaar sind die beiden natürlich mit vielen anderen Tierärzten bekannt und befreundet. Darunter ein guter Freund von Héctor, der Direktor einer zoologischen Einrichtung, die die sich ausschließlich der Erhaltung des regionalen Naturreichtums widmet. Der Park liegt an einem See, der von den Gewässern des Caño Vanguardia gebildet wird und führt die Artenvielfalt von Fauna, Flora und Ökosystemen des kolumbianischen Orinoquía zusammen.

Wir verbringen einige Stunden dort, es ist sehr interessant und für Bettina und mich ein

guter Einstieg in die hiesige Fauna.

Aus tierärztlicher Sicht gibt es durchaus einiges zu bemängeln, aber der Tierpark fungiert auch als Auffang- und Zwischenstation für konfiszierte Wildtiere aus Privathaushalten oder aus dem Wildtierhandel, so dass man aus Tierschutzgründen haltungsbedingte Kompromisse zugestehen muss, wie wir meinen.

 

Villavicencio und Umgebung

Es ist 7.15h morgens und ich bin wach, geduscht und sitze schon beim Kaffee! (Die Metamorphose zum Frühaufsteher scheint eingeleitet zu sein).

Ulrike ist am Putzen, Bettina schläft noch.

 

Seit Ulrike nicht mehr arbeitet lebt sie mit Héctor hier. Die Jahrzehnte zuvor hat sie wochentags in Bogotá gearbeitet und gelebt und ist an den Wochenenden hierher gefahren. Héctor und seine Geschwister sind in dieser Stadt geboren und aufgewachsen.

Wir planen einen Tagesausflug zu viert, um die Stadt und ihre Umgebung kennenzulernen. Es ist sehr interessant, weil sich Ulrikes Vergangenheit, Gegenwart und (eventuell auch) Zukunft in Bildern vor uns entfaltet.

 

 

Zum Mittagessen fahren wir in einen anderen Ort, „wo das Fleisch sehr gut ist“. Wir essen Fleisch mit Sättigungsbeilage.

An dieser Stelle ein Wort zur kolumbianischen Gastronomie.

Ein Essen besteht aus Fleisch, in der östlichen Ebene vorzugsweise aus Rindfleisch (Färse oder Kalb), was mindestens von zwei Sorten Kohlenhydraten begleitet wird. Zur Auswahl stehen Yuca, Reis, Kartoffeln, Kochbananen, Arepa (eine Art Fladen aus Mais oder Reis).

Als Snack zwischendurch gerne ein Reisbrot (aus Reis und Quark, sehr gewöhnugsbedürftig), ein Yuca-Brot, ein Maisbrot? Oder, wenn es einer gewissen Abwechslung bedarf, wäre auch ein Sancocho zu bekommen, eine Brühe aus Fleisch (jeglicher Art), mit Yuca, Mais, Kartoffeln, grünen Kochbananen, reifen Kochbananen, Yamswurzel….hab ich was vergessen?

Kurz gesagt, die gastronomische Vielfalt dieses Landes ist ein Paradies für jeden Diabetiker!

Und natürlich (als Typ 1 Diabetiker!)

 

freue ich mich auf  jede Mahlzeit!

 

 

Abends sitzen wir bei Rotwein – eine teure Rarität, die wir uns geleistet haben – auf Ulrikes winziger Terrasse und Ulrike erzählt. Gefühlt sind wir die letzten 40 Jahre durchgegangen und hier, vor Ort, wird alles, was wir schon kannten oder vergessen hatten oder noch nicht wussten, lebendig ,vertraut, real und spannend.

 

Ankunft in Villavicencio

 

Villavicencio liegt in den Ausläufern der östlichen Kordillere und ist eine Großstadt, die Hauptstadt des Departements Meta.

Natürlich hatte ich mir alles anders vorgestellt, vor allem die Gegend in der Ulrike wohnt, das Haus in dem sie lebt. Die Gegend ist viel netter, das Haus viel kleiner. Zum ersten Mal begegnen wir live ihrem Mann Héctor!

Nach der Begrüßung und ein bisschen Quatschen hält es uns nicht länger und wir spazieren noch bis zum Dunkelwerden durchs Viertel, so dass Bettina und ich gleich einen tiefen Eindruck vom Leben hier mitnehmen können. (Apropos Dunkelwerden: es wird hier in Äquatornähe nicht dunkel! Es ist hell und dann ist es dunkel. Und das um 18.00h nachmittags…)

Abends essen wir zusammen, Héctor hatte gekocht, und um 21.ooh liegen wir im Bett!

Der Jetlag lässt doch grüßen!

 

Die Fahrt nach Villavicencio

Plötzlich endet die Stadt und man erblickt die Berge und die Weite von Tälern mit Weidevieh und versprengten bunten Bauernhöfchen, was einem nach dem Moloch Bogotá als die schiere Idylle erscheint.

 

 

Die Nationalstraße von Bogotá nach Villavicencio verläuft durch die östliche Kordillere. Trotz hohen Verkehrsaufkommens, v.a. durch den Güterfernverkehr, und schwieriger Straße, fährt Ulrike ihre „Hausstrecke“ souverän. Wir sind vollkommen entspannte Beifahrer und bewundern atemberaubende Landschaften, pittoreske Dörfer wie Chipaque und Cáqueza, sowie allerlei Getier auf unserem Weg. Ulrike hat viele Details zu erzählen. Wir sehen Orte an denen riesige Erdrutsche stattgefunden haben, eine nach Einsturz im Wiederaufbau befindliche Schrägseilbrücke, und wir passieren viele Orte, an die Ulrike spezielle Geschichten knüpfen kann.

 

 

Obwohl es weniger als 100 Kilometer sind, dauert die Fahrt doch dreieinhalb Stunden immer bergab. Allerdings durch viele spannende Geschichten und durch die spektakuläre Kulisse sind es sehr kurzweilige Stunden.

Dann wird es urplötzlich eben und

wir sind in Villavicencio!

 

Bogotá

Die Nacht war durchwachsen, die Höhe macht uns ein wenig zu schaffen, und wir sind früh auf den Beinen.  Nach ein paar Tassen Kaffee geht es uns aber gut und wir machen unseren ersten Streifzug durchs Viertel.

 Der Ballungsraum Bogotá, Hauptstadt Kolumbiens, umfasst ca. 18 Mio. Menschen und ist eine der am schnellsten wachsenden Metropolen Südamerikas. Und genauso geht es hier auch zu! Abgesehen vom dichten Smog, den man aus Europa eigentlich nur noch als üble Erinnerung aus vergangenen Zeiten kennt, ist alles laut und chaotisch.

 

 

Die umgebende Kulisse ist allerdings sehr interessant. Die Stadt liegt in einer Hochebene der kolumbianischen Anden, am Fuß der zwei Kordillerenberge Guadalupe und Montserrate.

 

 

Was uns Europäern zunächst ins Auge sticht ist die Tatsache, dass die Menschen hier in Käfigen leben. Es gibt kein Haus, keine Wohnung, keine Terrasse ohne Gitter! Es gibt auch keine freilebenden Autos, alles verbirgt sich hinter Wänden oder Eisengeflechten. Ulrike wacht bei unserem ersten „Freigang“ auch mit Argusaugen über uns, was uns anfänglich eher belustigt, als befremdet (sich uns aber im Laufe der nächsten Wochen durchaus erschließen wird).

Da es in der Hauptstadt smogbedingt nur alternierende Fahrererlaubnis gibt und wir demzufolge mit Ulrikes Wagen morgen nicht fahren dürfen, brechen wir gleich nach dem Frühstück

 auf nach Villavicencio!

Nach Großeinkauf im Supermarkt (wir brauchen Alkoholika!) führt uns der Weg gen Süden. Wie uns Ulrike erzählt, sind die Wohngebiete im Norden Bogotás reich und vornehm, während die Stadtviertel im Süden als arm und unsicher gelten. Dieses Gefälle zieht dann auch in beeindruckender Realität an uns vorüber. Ciudad Bolívar ist ein im südwestlichen Teil Bogotás gelegener Verwaltungsbezirk, dem man beim Durchfahren ansehen kann, wie geprägt von Gewalt, Kriminalität, Drogen und Perspektivlosigkeit das Leben der Menschen hier sein muss. Der städtische Teil des Bezirkes ist einer der größten Mega-Slums der Welt, der sich an der Peripherie zu Armutsvierteln ausweitet und in den Marginalsiedlungen im sozialen Wohnungsbau verebbt. Dabei breitet sich die Stadt an ihren Rändern ständig aus und frisst sich an den umliegenden Bergen hoch.

 

Ein beeindruckendes, buntes Panorama voller Menschen,

„kleiner kaputter Dinger“ *

(*Zitat Bettina T.)

und übersät von Müll in jeder erdenklichen Form.

 

Flug und Ankunft in Bogotá

 

Den Flug haben wir beide gut überstanden. Wir haben Filme geschaut, Wein getrunken, Snacks gegessen und es uns gut gehen lassen. Geschlafen haben wir nicht. Was aber, in Bezug auf die Zeitverschiebung, auch die bessere Option war.

 

 

 

Bei der Gepäckausgabe sehen wir Ulrike durch die Glasscheibe! Bei ihr sind Aurelio, einer der Hunde ,die wir bis dato nur virtuell kennen und Miguel Ángel, Ulrikes ältester Ziehsohn, den wir nur aus Erzählungen kennen. Hund und Mann erweisen sich als nett und sympathisch und schon kurz nach der Begrüßung sind wir uns recht vertraut.

 

Es ist nicht so, dass wir uns in den letzten paarundvierzig Jahren aus den Augen verloren hätten! Wir hatten mehr oder weniger regelmäßig unsere virtuellen „Mädelstreffs“. Und in den letzten Jahren haben wir uns auch regelmäßig live getroffen, vorzugsweise in Paris, wo eine sehr gute Freundin von uns wohnt, die wir gerne besuchen. Aber eben immer in Europa. Kolumbien ist unser gemeinsames Novum dieses Jahr.

 

Quintaparedes, das Viertel in dem Ulrike wohnt, liegt nicht allzu weit vom Flughafen entfernt. Wir fahren mit dem Taxi, Migue schleppt die Rucksäcke. Wir erklimmen den 4.Stock und uns wird ziemlich schlagartig bewusst, dass diese Stadt auf einer Hochebene von über 2.600 Metern liegt. Leicht japsend übertreten wir die Schwelle und…was soll ich sagen? Diese Wohnung, in der wir uns virtuell schon Dutzende von Malen aufgehalten haben, sieht live natürlich völlig anders aus!

Was aber letztlich keine Rolle spielt, sondern lediglich die adaptive Flexibilität etwas fordert. Wir beziehen unsere Zimmer, Bettina und ich schlafen gemeinsam in einem Raum, begeben uns auf die Terrasse und quatschen bei Sekt und Snacks die halbe Nacht durch. Damit hatten Bettina und ich unsere 24 Stunden Wachsein erfüllt und den Jetlag weitgehend umgangen.

 

Wir sind angekommen!